E M P A T H I E

Versuche dich in folgende Situation hineinzuversetzen: Ein dir naher Mensch weint. Du kannst alle körperlichen Symptome sehen und erkennst den Ausdruck für Trauer im Gesicht. Je näher du dieser kommst, desto berührter bist du. Und als du dann nachfragst, erfährst du, dass die Mutter des betroffenen Menschen gestorben bist. Nun überlege dir, wann du in diesem Szenario angefangen hast, selbst traurig zu sein? Vielleicht als du erfahren hast, dass die Mutter gestorben ist und du die Gefühle gut nachvollziehen kannst? Oder warst du schon vorher traurig, als du dein:n Freund:in weinen gesehen hast. Ohne zu wissen, was los ist? Dann bist du vielleicht ein Empath. Was das genau ist und welche Anzeichen dazu gehören, kannst du dir nun im Folgenden durchlesen.

Was ist ein Empath?

Ein: Empath:in zu sein ist etwas anderes, als nur einfühlsam zu sein. „Einfühlsam zu sein bedeutet, dass Ihr Herz für jemand anderen schlägt; ein Empath zu sein bedeutet, dass Sie das Glück oder die Traurigkeit einer anderen Person tatsächlich in Ihrem eigenen Körper spüren können“, so Judith Orloff, MD, Psychiaterin und Autorin von The Empath’s Survival Guide.

Man könnte auch sagen, dass Empathen:innen wie “emotionale Schwämme” sind. Sie saugen die Gefühle anderer Personen regelrecht auf. Egal ob Wut, Trauer, Freude oder Angst. Ein Empath versteht nicht einfach nur den Schmerz eines anderen, sondern spürt und fühlt die Emotionen und Gefühle seiner Mitmenschen als Teil seiner eigenen Erfahrung.

In wie weit ein Mensch empathisch ist, kann auf einer Art Skala gesehen werden. Ganz unten sind die “Soziopathen” und “Narzissten” und ganz oben die “Hochsensiblen”.

Es gibt auch viele Kritiker des “Empathen:innen”-Begriffs. Es ist nämlich nichts greifbares und unterscheidet sich von Person zu Person. Es gibt auch Menschen, die behaupten Empathie sei nichts anderes als Co-Abhängigkeit. Andere wiederum sehen geradezu etwas Spirituelles und Besonders in dieser Fähigkeit. 

Ist Empathie angeboren und entsteht sie?

Wie bei den meisten psychologischen Merkmalen ist es schwer, den Einfluss von Genetik und Umwelt auseinanderzuhalten. Man geht allerdings davon aus, dass ein gewisser Grad an Empathie, beziehungsweise das Vermögen, angeboren ist und es sich dann durch externe Einflüsse entwickelt.  Die Forschung zeigt, dass das Verhalten der Empathie wiederum ein erlerntes ist. Denn Menschen können auch einfach nur passiv daneben stehen,wenn sie etwas sehen oder empfinden. Empathen streben danach, auch zu helfen und fühlen richtig mit.

Wie viele Empathen:innen gibt es?

Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung sind echte Empathen:innen, so eine in “Nature Neuroscience” veröffentlichte Studie. Während frühere Forschungen sich auf Selbstberichte stützten, zielte diese erste Studie darauf ab, empathische Fähigkeiten objektiv zu messen, indem sie die Spiegel-Berührungs-Synästhesie untersuchte, ein Phänomen, bei dem jemand das Gefühl hat, berührt zu werden, wenn er sieht, wie jemand anderes berührt wird. Die Forscher führten Umfragen zur selbstberichteten Empathie durch und korrelierten diese dann mit Gehirnscans, um zu bestätigen, ob die Person diese Art von physischer Empathie erlebte oder nicht.  Die Zahlen könnten höher sein, da 10 bis 15 Prozent der Menschen die Kriterien für „hochsensibel“ erfüllen und möglicherweise die Erfahrung machen, ein emotionaler Empath, ohne die körperliche Komponente, zu sein.

Die positiven und negativen Seiten des Emapthen:innen-Seins

Es kann beides sein, sagt Rempala. „Ein hohes Maß an Empathie macht Sie zu einem besseren Freund und Lehrer, zu einem freundlicheren und mitfühlenderen Menschen und zu einem effektiven Kommunikator“, sagt sie. „Es besteht die Gefahr, dass man überwältigt wird, wenn man die Emotionen anderer annimmt, vor allem, wenn man ihren Schmerz fühlt, aber nicht genug Informationen oder Werkzeuge hat, um ihn zu beheben. Anderen zu helfen, wenn man es auf die Spitze treibt, kann auch dazu führen, dass man sein eigenes Leben und seine Verantwortung vernachlässigt. Hochsensibel zu sein, kann unschöne Folgen mit sich bringen. Zum Beispiel Angstzustände, eine depressive Erkrankung und auch eine Verschlechterung der körperlichen Gesundheit. 

Bist du ein:e Empath:in? Der Test

Zu wissen, wo man ungefähr auf der Skala steht, kann dir helfen dich besser zu verstehen und dein Umfeld und deine Einstellungen besser einzurichten. Empathie ist nichts weiter als ein Anteil deiner Persönlichkeit und sollte dir stets bewusst sein. Nur so erlangst du Zufriedenheit und Wachstum.

  • Du brauchst viel Zeit nur für dich

Sich auf die Emotionen anderer einzulassen, ist harte Arbeit und Empathen finden sich oft emotional und körperlich erschöpft. Besonders nachdem sie mit jemandem zusammen waren, der starke negative Emotionen hat, sagt Gardere. Du wirst dir daher gut Zeit für dich selbst suchen, um dich zu erholen und wieder aufzuladen.

  • Während der Werbung weinst du

Viele Menschen fühlen sich während emotionaler Momente in Filmen selbst sehr emotional. Wenn du dich jedoch dabei ertappst, dass selbst harmlose Situation dich zum Weinen bringen, ist das ein Anzeichen für eine große Empathie. „Oft treten die Emotionen plötzlich auf und der Empath weiß vielleicht nicht einmal, warum er fühlt, was er fühlt“, sagt Rempala.

  • Du liebst es, dich um andere zu kümmern.

Trotz der Tendenz, sich manchmal selbst zu isolieren, mögen Empathen andere wirklich und kümmern sich um sie, sagt Gardere. Sie sehen Empathie als einen Kernbestandteil ihrer Persönlichkeit und sehnen sich danach, auf diese Weise gebraucht zu werden. Aus diesem Grund fühlen sich viele Empathen zu „helfenden“ Berufen hingezogen, wie Therapeuten oder Sozialarbeiter, sagt er.

  • Dir wird oft gesagt, dass du ein:e großartige:r Zuhörer:in bist.

Menschen suchen ganz natürlich nach Empathen, wenn sie eine emotionale Verbindung suchen und werden oft sagen, dass sie nicht wissen, warum, aber dass sie in der Lage sind, sich ihnen gegenüber auf eine Weise zu öffnen, wie sie es bei anderen nicht können. Empathen genießen es, von den Erfahrungen anderer zu hören, also hören sie aufmerksam zu.

  • Fremden Gerüchen oder kratzenden Socken gegenüber bist du sehr empfindlich.

Empathen sind oft nicht nur emotional hochsensibel. So berichten sie auch häufig, dass sie von juckender Kleidung irritiert werden, von lauter Musik oder hellem Licht überwältigt werden oder kleine, ruhige Versammlungen großen Partys vorziehen, sagt Rempala.

  • Du bemerkst kleine Veränderungen an Menschen, die andere übersehen.

Wusstest du, dass deine beste Freundin schwanger war, bevor sie es dir sagte? Warst du in der Lage zu erkennen, dass die scheinbar perfekte Freundin deines Bruders eine Betrügerin war? „Empathen haben eine gute Intuition und sind oft in der Lage, subtile Hinweise aufzugreifen, die andere nicht sehen“, sagt Fialk. Empathen sind möglicherweise nicht in der Lage, alle Reize, die sie aufnehmen, zu verbalisieren oder gar zu verstehen, während sie passieren, daher ist ihre Intuition ein sehr wichtiges Werkzeug, das ihnen erlaubt, schnell zu handeln.

  • Um dich ruhig zu fühlen, musst du alleine sein.

Das Aufnehmen der Emotionen anderer, besonders wenn es unbewusst geschieht, bedeutet, dass ein Empath sich ständig in einem Zustand des Hyperarousal befindet – er fühlt sich traurig oder glücklich oder ängstlich, wie die Menschen um ihn herum, sagt Rempala. Das bedeutet, dass man sich nur dann ruhig und wie man selbst fühlt, wenn man allein ist.

  • Du baust sehr tiefe Bindungen zu Menschen auf.

Die Emotionen anderer zu fühlen, kann dazu führen, dass du dich ihnen sehr nahe fühlst, was dazu beitragen kann, tiefe, dauerhafte Beziehungen zu Menschen zu stärken und aufzubauen, solange gesunde Grenzen eingehalten werden, sagt Gardere. Empathen werden oft als loyal angesehen und als jemand, auf den man im Notfall zurückgreifen kann.

  • In romantischen Beziehungen hast du Schwierigkeiten.

Weil Empathen die Emotionen anderer so tief und viszeral fühlen und erleben, haben viele Schwierigkeiten in intimen und romantischen Beziehungen, sagt Fialk. „Zeit mit jemandem zu verbringen, den sie lieben und für den sie sich tief sorgen, kann dazu führen, dass sich ein Empath gestresst und überwältigt fühlt. Intime Beziehungen können ihre emotionalen Reserven aufbrauchen und sie können sich in Beziehungen verstricken und abhängig werden, wobei sie ihr zentrales Selbstgefühl in den Emotionen und Erfahrungen anderer verlieren.“

  • Du hast es schwer, dich von Beziehungen zu lösen.

Die Kehrseite dieser intensiven Verbindung ist, dass Empathen es schwerer haben können, sich von Beziehungen zu lösen und sich von anderen zu trennen, sagt Rempala. Empathen können anhänglich werden oder zu ungesunden Methoden greifen, um die emotionalen Verbindungen aufrechtzuerhalten, die sie brauchen.

So gehst du am besten mit deiner Empathie um.

Empathen müssen sich besonders um ihr eigenes Innenleben und ihre Bedürfnisse kümmern, um nicht von der Fürsorge für andere überwältigt zu werden, sagt Rempala. „Viele von ihnen sind gute Ratgeber, sehr intuitiv und pflegen tiefe Freundschaften, aber wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie immer nur geben, aber nie empfangen, sich ständig traurig oder deprimiert fühlen oder überwältigt sind, ist es an der Zeit, um Hilfe zu bitten“, sagt sie.

Wenn du das Gefühl hast, dass du auf einer emotionalen Achterbahn feststeckst, gibt es Möglichkeiten, dir zu helfen. Beginne mit einer mentalen Übung. Achtsamkeit ist eine Qualität der Aufmerksamkeit, die sich auf den gegenwärtigen Moment in einer nicht wertenden Weise konzentriert. Eine emotional überwältigte Person könnte damit beginnen, einfach die Emotion zu benennen, wie sie sie erlebt. Das Anerkennen der Emotionen, die wir individuell erleben, ist ein Sprungbrett, um uns von den emotionalen Erfahrungen anderer zu lösen und letztendlich das Ziel zu erreichen, aus der emotionalen Achterbahn auszusteigen.

Alles, was dir hilft, sich körperlich zu erden, kann Ihnen auch helfen, im Moment zu bleiben und sich bewusster zu machen, wo du endest und wo andere beginnen, sagt Rempala. Bewegung, Yoga und Meditation sind gute Optionen. (Zu diesen Themen haben wir auch verschiedene Artikel, durchstöbere gerne mal die Bereiche Gesundheit, Leben/Beziehung und Körper.)

Schließlich sind kognitive, verhaltenstherapeutische und dialektische Therapien besonders nützlich, um dem Empathen zu helfen, zwischenmenschliche Effektivität zu erlernen, wie z.B. Durchsetzungsvermögen, Grenzen setzen, sowie Emotionen zu managen und Selbstmitgefühl zu üben, wenn du dich überwältigt und gestresst fühlst.

Kann ich ein:e Empath:in werden?

Während es unklar ist, ob sich jemand dafür entscheiden kann, ein Empath zu sein (oder ob er das überhaupt will), ist es sicherlich möglich, sich selbst Fähigkeiten für mehr Empathie beizubringen, sagt Gardere. „Es gibt Dinge, die man tun kann, um seinen Empathie-Muskel zu stärken“, sagt Rampala. „Ich empfehle, damit anzufangen, über Menschen zu lesen, die Widrigkeiten überwunden haben. Oder sich freiwillig zu melden, um mit Menschen zu arbeiten, die andere Herausforderungen erleben als du.“

Ein Weg ist es auch, aktiver deinen liebsten Menschen zuzuhören und mehr über dein Umfeld zu lernen, sensibler zu werden. Das bedarf Zeit und Geduld, lohnt sich aber auch sehr!

Danke dir für’s Lesen und bleib gesund!

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