Waren die Wikinger:innen dunkelhäutig?

Das Lernen über die verschiedenen Rassen, die bei den Wikinger/innen herrschten, auch wenn es nicht sehr viele waren, ist durchaus wichtig, um diese alten skandinavische Kultur besser zu verstehen.Das stereotype Bild eines Wikingers, geprägt durch die Darstellungen in der Populärkultur, zeigt sie mit weißer oder heller Haut und mit blonden, manchmal auch braunen Haaren. Doch sahen wirklich alle Wikinger/innen so aus? Gab es möglicherweise auch dunkelhäutige Wikinger/innen? 

Wikinger/innen sind bekannt dafür, meisterhafte Seefahrer und rücksichtslose Kämpfer zu sein. Und auch wenn die meisten von ihnen weiß waren, waren es nicht alle von ihnen. Laut historischen Beweisen hatte eine kleine Anzahl von Wikinger/innen in der Tat schwarze oder braune Haut. Jahrhundertelang reisten sie entweder freiwillig nach Skandinavien oder wurden gewaltsam als Sklaven dorthin gebracht. Im Laufe der Zeit konnten sich einige durch Landwirtschaft, Heirat, Kampf und andere kulturelle Faktoren in  die Wikinger/innen-Kultur einfügen.

Es wird deutlich, dass die Darstellung der Wikinger/innen in der Populärkultur des 21. Jahrhunderts mehr der Unterhaltung als der historischen Genauigkeit dient. Es bestehen durchaus Darstellungen, die dieser Zeit treu sind. Jedoch werden auch oft die alten Skandinavier/innen als Superhelden/innen dargestellt, besonders da sich die heutigen Geschichten in Comicform, an die Persönlichkeiten, Namen und Fähigkeiten aus bekannten nordischen Mythen anlehnen.

Das alte Skandinavien ist von Mythen durchdrungen, aber dass dunkelhäutige Menschen nicht zu den Wikingern/innen gehörten, gehört nicht dazu. Dass Wikinger Totenkopfmützen trugen,ist genauso ein Stereotyp, wie dass sie alle weiße oder pfirsichfarbene Haut hatten. Viele historischen Beweise machen deutlich, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe tatsächlich ein Teil der Wikinger/innenkultur waren. Sie hatten zwar keinerlei skandinavische Abstammung, durch kulturelle Assimilation ist es  dennoch korrekt, sie als Wikinger/innen zu betiteln.

Welche Beweise gibt es für schwarze Wikinger?

Für diejenigen, die an der wahren Geschichte der Wikinger/innen interessiert sind, ist historische Genauigkeit sehr wichtig. „A History of the Vikings“ von der Historikerin Gwyn Jones ist ein sehr gutes Buch, das dabei hilft, die Fakten der Wikinger/innen von der Fiktion zu trennen. In diesem Buch werden Beweise aufgelistet, die dafür sprechen, dass es unter den skandinavischen Völkern, auch Menschen mit unterschiedlichen Rassenprofilen gab.

Dabei gehörten Völker der Wikinger/innen, die zwischen dem Hals von Sogn und Uppsala oder Jütland und den Lofotens lebten, ausdrücklich nicht zu einer „reinen“ nordischen Rasse und waren unterschiedlich.

Fakt ist, dass es immer zwei Haupttypen von Skandinaviern gab:

  • groß, helle oder rötliche Haut, hellhaarig, blauäugig, langes Gesicht und Schädel
  • klein, dunkel gefärbte Haut, dunkelhaarig, braunäugig, breites Gesicht und runder Schädel

Jones argumentiert, dass der Mythos einer komplett weißen Rasse von Menschen faktisch falsch ist. Dieser Mythos wurde einfach nur von der Propaganda des 20. Jahrhunderts aufrechterhalten und auch weiterhin durch Darstellungen von Wikingern/innen in der modernen Populärkultur gefördert. Auch wenn hellhäutige Menschen zu dieser Zeit die Mehrheit waren, gab es ein paar mit braune Hauttönen.

Hautfarbe in der alten skandinavischen Literatur

In der alten skandinavischen Literatur waren petische Hinweise auf die Hautfarbe des Menschen nichts Ungewöhnliches. Weiße Hautfarben wurden oft in den Schriften der Wikinger/innenzeit beschrieben und gefeiert, beispielsweise werden die Eigenschaften einer weißen Mutter und ihres Sohnes in einem Werk isländischen Ursprungs gelobt:

“Ihre Brauen waren hell, ihre Brust war glänzend, ihr Hals weißer als neu gefallener Schnee. Blond war sein Haar, und hell seine Wangen, grimmig wie die einer Schlange waren seine glühenden Augen.”

Jones erläutert, dass bei diesem Anpreisen der weißen Hautfarbe, rassische Spannungen nicht unbedingt schwerwiegend waren, und es keinerlei Beweise für jegliche Vorurteile oder Zwietracht zwischen den beiden skandinavischen Hauttypen gab.

Es gibt jedoch auch viele Beispiele in der skandinavischen Literatur von Menschen mit brauner Haut. Eine Geschichte davon handelt vom ersten König ganz Norwegens: Harald Fairhair. Sein Vater trug denselben Namen wie er und war bekannt als Halfdan der Schwarze (svarti). Die zwei Söhne des Harald Fairhair hießen daraufhin ebenfalls Halfdan. Einer der Söhne bekam den Spitznamen “der Weiße” (hviti), der andere, als Gedenken an seinen Vater, “der Schwarze” (svarti).

Einige Historiker, darunter auch Jones, spekulierten, ob der Spitzname „der Schwarze“ eine Anspielung auf die Haarfarbe sein könne. Dies möge zwar teils zutreffen, aber der Spitzname könnte sich wahrscheinlich auch einfach auf eine Person mit einem dunklen Teint beziehen. Denn würde sich die Bezeichnung tatsächlich nur auf die Haarfarbe beziehen, würde das einige Fragen über den Sohn mit dem Spitznamen „der Weiße“ aufwerfen.

Ein weiteres Beispiel von dunkelhäutigen Menschen in der skandinavischen Literatur ist ein Werk namens Egils Saga:

Thorolf war gut aussehend und groß gewachsen, wie das Volk seiner Mutter. Es gab jedoch noch Grim, welcher ganz nach seinem Vater kam und galt als schwarz und hässlich.

Dieser Grim bekam zwei Söhne mit dem Namen Thorolf und Egill. Die beiden wiederholten das Muster: Thorolf war das Ebenbild seines Onkels, gutaussehend, groß und sonnenverwöhnt. Egill hingegen war schwarz und hässlicher wie sein Vater, und galt er als unberechenbar.

Er schaffte es jedoch, der größte Dichter seiner Zeit zu werden. Manche seiner Verszeilen repräsentiert seinen Stolz auf seine breite Nase und Kiefer und seinen schroffen Kopf. 

Solche Beschreibungen mögen viele moderne Leser als beleidigend aufnehmen, Jones merkt aber an, dass diese Bezeichnungen rein beschreibend waren. Sie seien vergleichbar mit Begriffen wie „der Kurze/Große“ oder „der Dicke/Schlanke“. Zu dieser Zeit enthielten sie nach Jones keinerlei negative Absichten.

Auf welchem Wege kamen die schwarze Menschen nach Skandinavien? 

Dunkelhäutige Menschen haben ihre Heimat nicht in Skandinavien, sondern kamen auf anderem Wege in diese Region. Die erste Generation der Schwarzen flohen als willige Reisende nach Skandinavien, andere wurden als Sklaven dorthin gebracht. Daraus resultierend wurde die zweite Generation und wurden in der Region geboren, obwohl ihre Vorfahren ursprünglich woanders lebten.

Es gab durchaus auch Menschen mit dunkler Hautfarbe, die während der Wikinger/innenzeit freiwillig nach Skandinavien reisten.

Sie kamen aus Nordafrika und bestimmten Orten in Südeuropa wie Spanien und wollten unbekannte Gebiete erkunden, nicht anders wie andere Europäer und Asiaten, die fremde Länder bereisen wollen. Wie viele andere auch, wollten die schwarzen Reisenden nach Ressourcen suchen wie etwa wertvolle Waren, fruchtbares Land oder fleischreichem Wild. Mit der Zeit ließen sich einige in den von ihnen erkundeten Regionen nieder und wurden in Nordeuropa sesshaft.

Sklaverei ist ein weiterer Grund, warum schwarze Menschen während der Wikingerzeit in Skandinavien waren: 

Einige der Schwarzen waren auf der Flucht und flohen während der Wikingerzeit nach Skandinavien. Viele von ihnen wurden in anderen Teilen Europas als Sklaven benutzt, und versuchten davon zu entkommen. Dabei flohen manche in den Norden, eben beispielsweise nach Skandinavien. Somit standen diese ehemaligen Sklaven vor der schwierigen Aufgabe, sich in fremden Ländern neu zu etablieren. Dabei schafften es viele, sich in die Wikinger/innenkultur erfolgreich zu assimilieren.

Viele dunkelhäutige Menschen wurden aber auch als Sklaven der Wikinger/innen nach Skandinavien gebracht. Die Wikinger/innen nahmen sie von anderen Orten in Europa mit und zwangen sie zur Arbeit. Dazu gibt es viele Berichte, dass die Wikinger/innen weiße europäische Menschen als ihre Sklaven machten, es könnten aber durchaus auch Schwarze unter ihnen gewesen sein. Dazu schreibt Jones dass die Gesamtzahl unbekannt sei, menschliche Beute aber leicht zu sammeln und von Dublin bis Bolgar zu transportieren war. 

Weitere Strichpunkte zur Sklaverei bei den Wikingern

  • Es gab auch einen internen skandinavischen Sklavenmarkt, welcher sich auf den Inseln an der Mündung der Gota befand, dort wo sich die drei entstehenden Königreiche trafen.
  • Auch weiß man heute, dass Wikinger/innen Raubzüge bis in den Süden der Mittelmeerwelt ausübten. Dies war die Region aus der die schwarzen Menschen gewaltsam verschleppt wurden.
  • Jones beschreibt, dass in Spanien die Wikingerinnen eine Woche damit verbrachten, Gefangene für Lösegeld zusammenzutreiben. Sie wollten aber auch einige als Andenken an die Reise behielten, darunter wahrscheinlich auch Schwarze. Diese „Andenken“ landeten zum größten Teil in Irland. 
  • Auf einem Bauernhof gehörten zu den Arbeitskräften etwa ein halbes Dutzend Sklaven. Die Sklavenarbeit wurde dabei als großen Vorteil angesehen, da das Roden und Äckern als sehr schwere und anspruchsvolle Arbeit angesehen wurde.
  • Es ist belegt, dass in Dänemark mehr Schwarze lebten als in nördlichen Ländern wie Schweden oder Norwegen. Dies liegt dem Fakt zugrunde, dass Dänemark näher an den anderen europäischen Ländern liegt, in denen zu dieser Zeit dunkelhäutige Menschen lebten. 
  • Es wird vermutet, dass junge Frauen oft von ihren Entführern nach Hause gebracht wurden, um den Sklaven Bestand bis zu einem gewissen Grad wieder aufzufüllen.

Im alten Skandinavien waren viele Aspekte des Wikinger/innenlebens sehr brutal, so auch die Sklaverei. Nach Ankunft des Christentums schwächte die Sklaverei ab, wurde aber nicht ganz abgeschafft. Zwar war die Sklavenarbeit für die nordeuropäische Wirtschaft sehr wichtig, aber mit der Zeit verschwand die Sklaverei trotzdem, zuerst in den Städten und später auch in den ländlichen Gebieten.

Danke für’s Lesen und bleib gesund!

Deine diefaktenseite🌿

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren:

Ob als Geschenk oder um bei der nächsten Party zu glänzen. Hier erweiterst du dein Wissen:

Teile diesen Artikel

Das könnte dich auch interessieren…

0 Kommentare